Uraufführung 28.10.2023 › Kleines Haus 1

Ajax

Auf dem Bild: Holger Hübner, Kriemhild Hamann, Oliver Simon, Fanny Staffa
Foto: Sebastian Hoppe
Auf dem Bild: Christine Hoppe, Jakob Fließ, Oliver Simon
Foto: Sebastian Hoppe
Auf dem Bild: Christine Hoppe, Jakob Fließ, Oliver Simon
Foto: Sebastian Hoppe
Auf dem Bild: Christine Hoppe, Jakob Fließ
Foto: Sebastian Hoppe
Auf dem Bild: Jakob Fließ, Oliver Simon
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Auf dem Bild: Christine Hoppe
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Auf dem Bild: Kriemhild Hamann, Fanny Staffa
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Auf dem Bild: Kriemhild Hamann, Holger Hübner, Fanny Staffa, Oliver Simon, Christine Hoppe, Jakob Fließ
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Auf dem Bild: Holger Hübner, Kriemhild Hamann
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Auf dem Bild: Holger Hübner, Kriemhild Hamann
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Auf dem Bild: Fanny Staffa, Holger Hübner, Oliver Simon, Kriemhild Hamann
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Auf dem Bild: Oliver Simon, Christine Hoppe
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Auf dem Bild: Oliver Simon, Jakob Fließ, Christine Hoppe
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Auf dem Bild: Oliver Simon, Fanny Staffa
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Auf dem Bild: Holger Hübner, Oliver Simon, Kriemhild Hamann
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Auf dem Bild: Oliver Simon
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Auf dem Bild: Oliver Simon, Jakob Fließ
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Auf dem Bild: Kriemhild Hamann, Fanny Staffa, Holger Hübner, Oliver Simon, Christine Hoppe, Jakob Fließ
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Auf dem Bild: Fanny Staffa, Oliver Simon, Kriemhild Hamann, Holger Hübner, Christine Hoppe
Foto: Sebastian Hoppe
Auf dem Bild: Fanny Staffa
Foto: Sebastian Hoppe

Handlung

In seinem neuen Auftragswerk für das Staatsschauspiel Dresden verschneidet Thomas Freyer den trojanischen Krieg mit der Gegenwart und verknüpft das Schicksal des antiken Helden Ajax mit der Geschichte eines deutschen Familienvaters jenseits der Gefechte.

Ajax gilt neben Achill als der mächtigste Grieche im Kampf um Troja. Doch seine Kraft bewahrt ihn nicht davor, in den grausamen kriegerischen Auseinandersetzungen verrückt zu werden: Von seinen Landsleuten fühlt er sich in seiner Ehre verletzt und will sie daraufhin töten. Blind und irr vor Hass schlachtet er jedoch eine Schafherde ab, die er für das griechische Heer hält. Als er aus seinem Wahn erwacht, begeht er aus Scham über die Tat Selbstmord.

Der deutsche Familienvater hingegen verstrickt sich in Gerüchte über Auslöser und Ausweitung des Kriegs. Er stürzt sich in den Bau eines Bunkers und sorgt für seine eigene militärische Ausrüstung, was zur Entfremdung von Familie und Freunden führt.

Wie in STUMMES LAND, dem letzten Text, den Thomas Freyer für das Staatsschauspiel Dresden schrieb, ist auch in AJAX der Generationskonflikt ein entscheidendes Thema: Für die Söhne der beiden Männer hat die Radikalisierung der Väter katastrophale Folgen. Ruhm und Ehre werden von Ajax’ Sohn Eurysakes zu den einzig zählenden Werten erklärt, und er wächst zum fanatischen Kämpfer heran. Der andere Sohn vereinsamt im Drogenrausch und droht, an der Realität zu zerbrechen.

Hoffnung erwecken die Frauenfiguren des Stücks. Sie befreien sich aus ihrer Abhängigkeit und hinterfragen die Zwangsläufigkeit des kriegerischen Geschehens, während die Männer nicht in der Lage sind, sich der Logik und den Gesetzen des Kriegs zu entziehen und an der eigenen Zerstörungswut scheitern.

Thomas Freyer untersucht in seinem neuen Stück die Auswirkungen von Krieg auf persönliche und soziale Beziehungen und fragt, welche Rolle Verschwörungsmythen in der seit Jahrtausenden nicht endenden Spirale der Gewalt spielen.

Für den Text erhält Thomas Freyer das Harald-Gerlach-Stipendium der Kulturstiftung des Freistaats Thüringen.

Wir möchten Sie darauf aufmerksam machen, dass während der Vorstellung Stroboskopeffekte eingesetzt werden, die bei Epileptikern oder epilepsiegefährdeten Personen unter Umständen Anfälle auslösen können.

Dauer der Aufführung: 1 Stunde und 45 Minuten.
Keine Pause.

Besetzung

Regie
Jan Gehler
Bühne
Lichtdesign
Dramaturgie
Ajax / Vater
Tekmessa
Eurysakes
Teukros

Video

Interview

VOR

DER KÜSTE TROJAS EIN KRIEG

ERLAHMEND

IM ZEHNTEN JAHR ZÄHLT MAN

DIE TOTEN NICHT

MEHR MIT

Krieg und Verschwörungserzählung

Thomas Freyer im Gespräch

Thomas Freyer untersucht in AJAX, seinem neuen Auftragswerk für das Staatsschauspiel Dresden, die Verheerungen, die Kriege in persönlichen und sozialen Beziehungen anrichten.

Vor über einem Jahr überfiel Russland die Ukraine. Hundert­tausende Menschen sind seitdem ums Leben gekommen, Städte und Infrastruktur zerstört worden. Auch wenn die geografische Verortung eine andere ist, spielt der Krieg in deinem Stück – neben dem trojanischen des Altertums – auch in der Gegenwartsebene eine entscheidende Rolle. Wie hat der russische Angriffskrieg dein Schreiben beeinflusst?

Thomas Freyer Dieser Angriffskrieg auf die gesamte Ukraine hat, glaube ich, eine westliche Selbstgewissheit erschüttert und gibt im besten Fall eine völlig neue Sicht frei: die Sicht auf Ostmitteleuropa und die Geschichte dieser Länder als eigenständige Staaten.

Für mich war ziemlich schnell klar, dass ich das Thema Krieg aus meiner nächsten Arbeit nicht heraushalten kann. Gleichzeitig aber kann und will mein Schreiben nicht versuchen, Schritt zu halten mit den immer aktuellen Nachrichten. Deshalb der Rückgriff aufs Altertum. Beim Lesen der Ilias gab es außerdem sehr viele Schnittmengen zu diesem heutigen Krieg, was es für mich spannend machte. Mein Stück ist auch ein Versuch, diese Schnittmengen herauszuarbeiten, ohne diese beiden Welten gleichzustellen.

In deinem Text verstrickt sich ein Familienvater in Gerüchten um Auslöser und Ausweitung eines Kriegs im gegenwärtigen Europa. Sind Verschwörungstheorien deiner Meinung nach mitverantwortlich für die Eskalation von Gewalt oder eher eine Reaktion darauf?

Thomas Freyer Die Gründe für Verschwörungserzählungen sind im Gegensatz zu ihnen selbst sehr komplex. Diese Hilfskonstrukte sind eben nicht nur eine Reaktion auf eine immer unübersichtlicher werdende Welt. Sie sind auch eine Selbstüberhöhung derjenigen, die sie verbreiten. Gleichzeitig sind sie aber, was das Beispiel des Initiators der Bewegung „Querdenken“, Michael Ballweg, so eindrücklich zeigt, ganz einfach ein Geschäftsmodell, eine Möglichkeit, sich zu bereichern. Im Kern sind viele dieser Erzählungen außerdem antisemitisch. Sie sind frauenfeindlich, queerfeindlich. Sie sind islamfeindlich. Und es findet eine Art Täter-Opfer-Umkehr statt. Indem sich Anhänger dieser Verschwörungen zu Opfern von bestimmten Gruppen von Menschen stilisieren, rechtfertigen sie Angriffe auf eben diese Gruppen und sind damit Ausgangspunkt eines gewalttätigen Angriffs.

Im Vergleich zu den populären Helden des klassischen Altertums wie Achill und Odysseus ist Ajax weniger bekannt, doch sein Schicksal ist erschütternd: Er verliert den Verstand in einem Krieg, den er befürwortet, und tötet sich selbst, als er seinen Wahn erkennt. Was hat dich an dieser Figur gereizt, nach der dein Stück benannt ist?

Thomas Freyer Ajax repräsentiert vor allem Männlichkeit. In ihm verbinden sich die beiden Themen Krieg und Verschwörungserzählung. Und das Männliche schien mir eine Art Klebstoff zu sein. Mit der auch medialen Unmittelbarkeit des Krieges in Europa kamen Begriffe wie Ehre und Tapferkeit zurück in den alltäglichen Sprachgebrauch, die vor dieser Zeit eher pathetisch klangen. Ajax gerät beim Versuch, das zu retten, was er für seine Ehre erklärt, in einen Wahn, der es ihm später unmöglich macht, einen Weg zurück in die griechische Kriegsgesellschaft zu finden. Im Stück wird außerdem sein Sohn Eurysakes eine treibende Kraft.

Wie in vielen deiner Stücke ist auch diesmal der Generationskonflikt ein zentrales Thema. In STUMMES LAND, deinem letzten Text, den du für das Staatsschauspiel Dresden geschrieben hast, verwehren Eltern ihren Kindern Antworten auf die Fragen nach Hintergründen bestimmter historischer Geschehnisse. Was sind in AJAX die Auslöser für die Entfremdung von Vätern und Söhnen?

Thomas Freyer Zu Beginn ist der Sohn in der Gegenwartsebene des Stücks etwa zehn Jahre alt. Wie seine Eltern hat auch er Angst, als in der nahen Ferne ein Krieg ausbricht. Der Vater vergräbt sich mit der Zeit immer weiter in einer Mischung aus Verschwörungserzählung und Preppen. Er verliert den Kontakt zu seinem Sohn, weil er ihn mit seinen ständigen Vorbereitungen retten will.
Als Eurysakes zehn Jahre alt ist, ist es der Krieg der Griechen gegen Troja auch. Eurysakes kennt nur diesen Krieg. Und er wird groß mit allem, was diesen Krieg ausmacht. Er sieht Gewalt und Rache. Er sieht Blut, hört von planmäßigen Vergewaltigungen, Exekutionen. Er wird ein Produkt des Erlebten und spricht seinem Vater zu, als dieser sich nach dem Wahn in sein Schwert stürzen will, um die Ehre zu retten.

Sowohl der Krieg um Troja in der ILIAS des Homer als auch die realen Kriege der Gegenwart werden hauptsächlich von Männern geführt. Welchen Part nehmen in deinem Stück die Frauen ein?

Thomas Freyer Sowohl die Mutter der Jetztzeit als auch Tekmessa, eine Beutesklavin aus einem anderen Krieg, sind die eigentlich tätigen Figuren im Stück. Ich schreibe von den Versuchen und Rückschlägen der beiden, sich von der Welt der Männer des Krieges, der sogenannten Ehre, von Abhängigkeit und Gewalt zu emanzipieren, sich daraus zu befreien. Sie stehen damit im Gegensatz zum Vater und zu Ajax, die sich eher als Getriebene der Umstände begreifen müssen.

Das Interview führte Dramaturgin Uta Girod.

Pressestimmen

„Freyer entwirft ein komplexes und zugleich schlagendes Figurentableau, ein antikes Gegenwartsstück. Die Uraufführungsinszenierung macht daraus ergreifendes Theater.“
die-deutsche-buehne.de, Detlev Baur, 29.10.2023
„Obwohl es hier um Krieg und Verheerung geht, gibt es kein planloses Gehetze und Gebrüll. Man folgt dem Text, findet gute Bilder, erlebt eine überzeugende Ensembleleistung. […] Ein harter, aber guter Abend. Einer der zum Nachdenken einlädt, nicht zum Parteinehmen.“
MDR Kultur, Wolfgang Schilling, 30.10.2023
„Der berühmteste Teil der ILIAS wird mit einer gegenwärtigen Familiengeschichte verschnitten. Jan Gehlers Inszenierung schafft klare Trennungen und Übergänge der beiden Stoffe und ist der Verständlichkeit des Textes dabei sehr dienlich. […] Die Vermischung der Textebenen funktioniert, weil sie in sich hyperpräzise gebaut sind.“
nachtkritik.de, Minna Markert, 29.10.2023
„Jan Gehler inszeniert Thomas Freyers Uraufführung AJAX als kompakte wie moderne Albtraumtragödie. […] Es gelingt eine ambivalente Feinsinnigkeit ohne Moralschwert, die auf plumpe Politrhetorik verzichtet und somit die antike Tragödie im modernen Gewand.“
Dresdner Neueste Nachrichten, Andreas Herrmann, 30.10.2023
„Freyers Texte verweben verschiedene Perspektiven auf historische und aktuelle Ereignisse oft zu Panoramen, die zwischen den großen Zusammenhängen und kleinen, privaten Erlebnissen ganz kurze Wege nehmen. Sie sind eindringlich, manchmal komisch überspitzt und meist erschütternd. Das gilt auch für AJAX.“
Sächsische Zeitung, Marcel Pochanke, 30.10.2023
„Klug geschrieben, zugespitzt inszeniert, intensiv gespielt: AJAX hallt lange nach.“
Dresdner Morgenpost, Heiko Nemitz, 21.11.2023
„Das Antikentrio spielen Fanny Staffa, Holger Hübner und Kriemhild Hamann ebenso wie Oliver Simon furios. Doch die vordergründige Gegenwartsebene steht dem nicht nach.“
SAX, Andreas Herrmann, Dezember 2023
„Über 3000 Jahre liegen zwischen diesen hier und jenen dort. […] Es kommt in fast lyrischen Monologen und dramatischen Dialogen zu wiederholten Spiegelungen. […] Jan Gehler setzt voll und ganz auf den Rhythmus der Sprache.“
Thüringer Allgemeine, Michael Helbing,, 20.12.2023
„Bühnenbildnerin Sabrina Rox sorgt für maximale Integration der Schauplätze: Nur ein transparenter Vorhang trennt zu Beginn die Ebenen, die per Lichtwechsel schnell verschwimmen.“
Theater heute, Franz Wille, Dezember 2023